Balthasar hat seine Schrift «In Gottes Einsatz leben» Luigi Giussani und der Bewegung «Comunione e Liberazione» gewidmet; es vereinigt Vorträge, die er 1971 in Einsiedeln vor Studenten dieser Bewegung gehalten hat. Dabei steht die Frage im Mittelpunkt, ob und inwiefern sich der christliche Welteinsatz spezifisch unterscheidet. Dazu schreibt der Autor im Vorwort:

Die Jünger Jesu sind zwar «organisiert», sofern sie etwas Organisches, eine Kirche, bilden, aber wer auf ihre Organisation loshaut, trifft nicht eigentlich sie. Und sie sind zwar Brüder all derer, die in der Welt das Rechte für die Menschheit zu wirken versuchen, aber wer sie bloß als eine besondere Art in der Gattung der Humanisten (oder «anonymen Christen») anspricht, hat sie wieder verfehlt. Sie haben eine ganz deutliche, irritierende Art der Sichtbarkeit, die nicht einfach identisch ist mit der Mitgliedschaft in einem religiösen Verein. Sie und viele andere ihrer unscheinbareren Brüder strahlen etwas aus: der Sinn dieser Schrift ist es, uns zu fragen, was diese Macht oder dieser Glanz ist, woher er stammt, welcher Zusammenhang besteht zwischen der Quellkraft, die den Christen speist, und seinem Einsatz unter den Menschen.

Wir können vorweg sagen: von den wahren Christen strahlt eine Freiheit aus, die von den Nichtchristen immer wieder erst gesucht wird. Und doch wird er erst dann Mensch, wenn er sich in Freiheit gewählt und vollzogen hat, wenn alles, was an ihm «Natur» ist, frei angeeignet und verantwortlich durchdrungen ist. Solange das Christliche vor allem als Tradition und Institution erscheint, werden die Freiheitsbewegungen der Neuzeit leichtes Spiel haben. Ganz ernst wird der Wettlauf erst, wenn der Christ theoretisch zu zeigen unternimmt, dass Gottes freie Selbsteröffnung in Jesus Christus die Einladung in einen absoluten, göttlichen Freiheitsraum ist, in dem allein die menschliche Freiheit sich vollkommen entfalten kann. Und nicht die Einladung nur, sondern – in der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus – die für alle exemplarische Erfüllung, der Durchbruch und Einlass in eine Sphäre von solcher Freiheit, wie sie von den Modernen fieberhaft gesucht wird, aber ohne die Eröffnung von Gott her nicht gefunden werden kann. Gegen die suchende, immer nur ins Leere vorstoßende Freiheit wird der Christ die Botschaft der erfüllten und für uns erfüllbaren Freiheit stellen.

Haben vielleicht die Christen nur dies voraus, dass sie, von einem überweltlichen Quell her gespiesen, sich mit ihrer utopischen Hoffnung nach einem überzeitlichen Ziel hin ausstrecken können? Und dass diese ihre Bewegung innerhalb eines Kosmos des Mordes und der Sinnlosigkeit der einzige Lichtschimmer von Freiheit ist?